Letzter Aufruf

James Blond

Mitglied
Ihr Erdenbürger, nah und fern:
Der Liebe Gott hat euch sehr gern!
So eilt am besten gleich herbei:
Im Himmel sind noch Plätze frei!
Und hört jetzt auf, den Herrn zu necken:

Die Hölle ist kein Zuckerschlecken!


"Ihr Flug nach Wolkenhimmelstätten
ist nun zum Einsteigen bereit!"
Wir löschen unsre Zigaretten,
zum Schalter, es wird höchste Zeit!

Der Abflug wird zum Massenlauf,
schon taumeln wir die Gangway rauf,
die Stewardess wünscht guten Flug,
doch schaffen wir's auch hoch genug?

Piloten nicken zuversichtlich:
"Wir haben reichlich Kerosin,
der Herrgott lädt uns noch gerichtlich
zu einem letzten Ortstermin."

Wo das denn sein wird, fragt da wer –
"Das weiß allein die Himmels-Air!"
(Damit der Ort sich doch erhelle,
nennt man ihn bald "die Absturzstelle".)
 
G

Gelöschtes Mitglied 23166

Gast
Hallo James Blond,

vielleicht ist dieses Gedicht ganz anders gemeint – aber für mich gibt es eigentlich nur eine Erklärung: Es geht ums zwangsweise Impfen der Gesamtbevölkerung, koste es, was es wolle.

Und hört jetzt auf, den Herrn zu necken:
Die Hölle ist kein Zuckerschlecken!
Der Vorspann versucht Angst zu schüren, wie es die Medien seit Monaten tun.

Ihr Flug nach Wolkenhimmelstätten
Nur Impfung verspricht die Rettung
Der Abflug wird zum Massenlauf,
Die Massen drängen sich vor den Impfzentren und Arztpraxen.
Wir haben reichlich Kerosin
Es ist noch genügend Impfstoff da.
"Das weiß allein die Himmels-Air!"
Niemand weiß, wohin dieser Wahnsinn führen wird. Der Absturz zeichnet sich jedoch schon ab.

Soweit meine Interpretation, die vielleicht auch durch den kaum noch auszuhaltenden Druck auf Ungeimpfte entstanden ist.
Entschuldige, wenn ich damit völlig daneben liege.

Liebe Grüße, Kuniberta
 

Tula

Mitglied
Hallo
Wichtig zum Thema wäre das Verhältnis zwischen Covid und Klimagipfel in den Nachrichten. Auf 5 Minuten für letzteren kommen etwa 40 für das Virus. Afghanistan rückt allmählich in den Hintergrund, Myanmar ist ganz verschwunden, Lybien (von deren Küste sich der übergroße Anteil der Flüchtlinge auf den Weg nach Europa macht) wird etwa zweimal im Jahr kurz erwähnt.

Objektiv, es geht dem modernen Journalismus nicht um Information.

LG
Tula
 
Ich interpretiere das Gedicht eher in Richtung "Wer hoch hinaus (in dem Fall hinauf) will, wird tief fallen."
Wer sogar über den lieben Gott hinaus will („schaffen wir's auch hoch genug? ") wird abstürzen.

An Impfen oder Klima hätte ich nicht gedacht, auf alle Fälle aber ein wahnsinnig interessantes Gedicht.
 

rainer Genuss

Mitglied
Hi
ich verstehe das Werk als satirische Abhandlung darüber, dass wir, kritiklos der Obrigkeit, (Gott und seinem Flugpersonal) hörig in den Untergang folgen.
Jeder, der einen Flug gebucht hat reiht sich im Airport brav ein, will nur seinen Service und ergibt sich wiederstandslos dem Prozedere.
Ja, fein formulierte, verpackte Kritik zum Impf-Auftrieb in der Massentier-Rindvieh-Haltung.
doch schaffen wir's auch hoch genug?
Schaffen wir eine ausreichend hohe Impfquote?
Ich hoffe ja, setze auf Wissenschaft und Forschung und lache im Zirkus Politflitzpiepe über Clown Zappspahn, der vor 2 Wochen den epidemischen Notstand weg zauberte und ihn jetzt wieder aus seinem alten Hut herausholt.
....sich einer Besternung enthaltent (;)4x gezwinkert)
Nachtschichtgrüße
rainer
 
Oder geht es darum, dass so viele Teilnehmer der Klimakonferenz in Glasgow per Privatjet angereist sind ...

So könnte man die Zeile „Wir haben reichlich Kerosin" auch verstehen ...
 

Mimi

Mitglied
Was mich an diesem Gedicht etwas irritiert, lieber James Blond, ist dass in der ersten Strophe ( ich meine die Strophe nach "Ihr Erdenbürger" ) von einem Flug "nach Wolkenhimmelstätten" die Rede ist.
Aber in der dritten und vierten Strophe erfährt der Leser etwas über einen letzten Ortstermin, der bald zur Absturzsstelle benannt wird.
Ist damit gemeint, dass die Erdenbürger ihr Flugziel, also "Wolkenhimmelstätten" nicht erreichen werden, sondern vorher auf dem Flug dort hin abstürzen werden?

Dann wäre das Gedicht eine sarkastische Anspielung auf die scheinbar grenzenlosen Höhenflüge der Menschheit, die immer nach höheren und weiteren Zielen strebt, koste es, was es solle.

Sicherlich, nur eine Leseart...
In jedem Fall eine lyrisch-kritische Auseinandersetzung mit sarkastischem Unterton.

Gruß
Mimi
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wo das denn sein wird, fragt da wer –
"Das weiß allein die Himmels-Air!"
(Damit der Ort sich doch erhelle,
nennt man ihn bald "die Absturzstelle".)
Ich denke, hier liegt der Knackpunkt; die Absturzstelle wird zum Paradies. Das Paradies ist nur den einzelnen bekannt, wird dann aber mit der Absturzstelle gleichgesetzt. Hier wird der Text schwammig, denn so könnte man es lesen, muss es aber nicht. Bedeutet das Ende nun, das man eine zerbrochene Utopie nicht selber als Utopie beschreiben sollte, oder sagt es schlicht, dass der Plan erkannt wurde als misslungen? Das bleibt offen, daher ist der Text am Ende seiner Aussage undefiniert. Nicht notwendigerweise etwas schlechtes, vorallem weil er sprachlich so tut als sei er klar, ob das Absicht war? Das was alleine die Dichter-Air ;)

Lg
Patrick
 

James Blond

Mitglied
Das was alleine die Dichter-Air
Tja, was weiß schon die Dichter-Air?

Sie hat in diesem Fall zumindest nicht mit solch einer lebhaften Erörterung gerechnet und möchte sich für die unterschiedlichen Auslegungen herzlich bedanken. Dass Bezüge dabei vom Impfauftrieb bis zum Klimagipfel erkannt werden, überrascht schon, ist aber vor dem Hintergrund des augenblicklichen Medienechos auch verständlich. Tula hat ja in #3 darauf hingewiesen, wie schnell mediale Dekorationen in die Aufbereitung unserer Weltsicht wechseln und unsere Gedankengänge beeinflussen.

Andererseits ist es wohl so, dass Zeitfragen, die sich um unser Sein und Nichtsein drehen, stets auch einen Bezug zu der Schablone aufweisen, die hier im Gedicht aufgerollt wird: Der Himmel als das Glücks- und Angstmotiv des Menschen, Paradies und Lebensende, Ort irdischer Befreiung und ethischer Prüfung reicht tief in unser Erdenbürgerleben hinein.

Die Ambivalenz des Glücksgefühls "über den Wolken" als einem Absturz auf dem "Highway to Hell" steckt bereits im "letzten Aufruf" der Passagiere eines Fluges. Letzter Aufruf als letzte Chance – und als letzte Ölung. Es war übrigens dieser Titel, der die beiden Teile zusammengeführt hat. Der etwas schelmisch-ironisch geratene Aufruf der Religion mit Heilsversprechen und Höllendrohung wird im zweiten Teil zur Aufforderung an die Fluggäste und ihr Himmelsbesuch zu einer technischen Meisterleistung mit kleinem Schönheitsfehler, dem Absturz, verklärt als Ortstermin der (gottes)gerichtlichen Überprüfung. Das ist hier aber kein Zerbrechen der Utopie, sondern kann Erdenbürgern für das tatsächliche Erreichen ihres Zieles in Wolkenhimmelsstätten nicht erspart werden. Eine bös-ironische Sicht auf ein wirkungsmächtiges Zusammenspiel von Religion und Technik.

Grüße
JB
 
Der etwas schelmisch-ironisch geratene Aufruf der Religion mit Heilsversprechen und Höllendrohung wird im zweiten Teil zur Aufforderung an die Fluggäste und ihr Himmelsbesuch zu einer technischen Meisterleistung mit kleinem Schönheitsfehler, dem Absturz, verklärt als Ortstermin der (gottes)gerichtlichen Überprüfung.
Hallo James Blond,

dann lag ich ja mit meinem ersten Eindruck gar nicht so daneben.

Mal völlig abgesehen von der Bedeutung, mir gefällt auch der Rhythmus und die Sprachmelodie wahnsinnig gut.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
Hallo James Blond,

jetzt frage ich es doch: Ist das Gedicht durchgehend im Daktylus geschrieben?

Bei
"Piloten nicken zuversichtlich:
Wir haben reichlich Kerosin,
der Herrgott lädt uns noch gerichtlich
zu einem letzten Ortstermin."

bin ich mir sicher, aber nicht bei allen Strophen.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 

James Blond

Mitglied
Liebe SilberneDelfine,

es freut mich, dass du dich so eingehend mit diesem Gedicht beschäftigst und natürlich freue ich mich auch, wenn es dir zusagt.
Was das Metrum anbelangt, so meine ich, dass man mit Jamben ganz gut hinkommt, wenn man jede 2. Silbe betont.

Liebe Grüße
JB
 



 
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