Ein Leuchtturmwärter hat viel Zeit,
was gut ist, wenn der gute Mann
gelassen und voll Heiterkeit
damit so halbwegs umgehn kann.
Wenn nicht, wird Dasein schnell zur Qual,
die Einsamkeit wird leicht zu viel.
Dann lauern Schatten überall,
und der Verstand steht auf dem Spiel.
Für Jan jedoch war's kein Problem,
der war sein gänzlich eig'ner Stern.
Er fand die Arbeit angenehm
und las vor allem liebend gern.
Jan lag nicht mit sich selbst im Streite
und mied doch die Gedanken nie.
Er träumte oftmals in die Weite,
voll Mut, Verstand und Fantasie.
Und freitags kam im ersten Licht,
mit Post und strahlendem Gesicht,
die Heike, Haare flammend rot,
in ihrem kleinen Motorboot.
So floss das Leben friedlich hin
und reich für den, der Stille will;
ein jeder Tag sich selbst ein Sinn -
bis zu der Sturmnacht im April:
Drei Schiffe gleich war'n in Gefahr
und eins davon schon fast verloren,
wenn nicht der Jan, der draußen war,
mit Salz und Gischt in seinem Haar
und Sturmwind tosend in den Ohren,
gespenstisch sah's im Mondschein aus,
gerettet hätte Mann und Maus!
Die Ruhe nach dem Sturm war tief,
so tief wie auch der Schlaf von Jan,
der fünfundzwanzig Stunden schlief,
wie's nur ein sehr Erschöpfter kann.
Als Jan am Ende doch erwachte,
begann er gleich, wie wild zu essen.
Er schlang die Speisen, die man brachte,
und trank und reckte sich und lachte:
Die Sturmnacht war bereits vergessen.
Die Welt jedoch sucht Ruhmgeschichten,
T.V. und Presse brauchen Stars.
Sie wollten nicht auf ihn verzichten,
mit Interviews und Bild-Berichten
und Background - eine Plage war's.
Ein Staatsminister kam zuletzt,
behängte ihn mit einem Orden,
hat ihn befördert und versetzt:
Der Jan ist Hafen-Chef geworden!
__________________
Ex-Leuchtturmwärter Jan verbrachte,
indem er steil Karriere machte,
die nächsten Jahre wie im Traum
und merkte die Belastung kaum.
Er hatte vorher nie gedacht,
dass Schifffahrt so viel Schreibkram macht.
Dazu die personellen Fragen -
Was sollt's, er hatte ja das Sagen.
Nicht, dass er viel zum Einsatz kam
als Hafenchef von Rotterdam.
Und nicht einmal, dass Einspruch käme,
wenn er noch etwas Urlaub nähme.
Er lernte, sogar mit Geschick,
interne Ämterpolitik.
Er delegierte und vertagte
und dementierte und verklagte.
Nur ein Mal zuckte er zusammen,
als Briefe von zu Hause kamen,
es würd bald Heikes Hochzeit sein.
Man lud auch Jan zu dieser ein.
Er fuhr nicht hin und dacht: "Na und,
hier ist die Action, hier geht’s rund!"
Mit Blick auf Bar und Swimmingpool
sank er noch tiefer in den Stuhl.
Kein Mangel war an Sex und Geld,
er war jetzt selber Mann von Welt
und konnt sich wirklich nicht beschweren,
Konzerte, Bühnen, Premieren …
Den Lesern ist es angst und bange,
die Schlauen wissen es schon lange:
Der Jan im Karriere-Rausch,
das war ein völlig blöder Tausch.
Sie sind so schlau und sehn doch nicht
den Haken an der Leser-Sicht,
dass nichts noch leichter ist im Leben,
als andern tolle Tipps zu geben.
Bequem im Wasserbett versunken,
zwei Gläser edlen Weins getrunken:
Erklärst du diesen Stil für schlecht,
stehst auf und gehst? Das tust du, echt?
Bewundernd steh ich dir zur Seite
- und bleibe hier. Du suchst das Weite.
Es ist ein wahrhaft großer Held,
der da nicht gern zum Opfer fällt.
Auch Jan blieb, trank, hat viel geraucht
und lange, lange Zeit gebraucht.
Die Umkehr kam mit einem Schlag
an einem hellen Donnerstag.
Da war es plötzlich an der Zeit:
Er sah sich selbst. Es war so weit.
Zehn Jahre war'n im Flug vergangen,
ganz ohne Änderungsverlangen,
dann fiel's ihm auf und war die Wende:
Er kriegte nie ein Buch zu Ende!
Die Zeit hätt er leicht haben können,
Lektüre sich en masse zu gönnen,
doch, wie er es nun deutlich sah:
Die Lese-Ruhe war nicht da.
In allem Luxus und Getue:
verschollen war die inn're Ruhe.
Er hatte sie perfekt gekonnt,
jetzt schwand sie hinterm Horizont.
Da fasste ihn ein großer Schreck.
Er packte ein, er war schon weg
und reiste los, im Zug und schlicht,
wohin, das wusste er noch nicht.
__________________
Man kann im Leben nicht zurück,
beziehungsweise, wenn man's tut,
dann wird das Resultat nicht gut.
Das wusste Jan zu seinem Glück
und suchte, lange noch vergebens,
wobei er wilde Haken schlug,
die Fortsetzung des eig'nen Lebens,
doch kriegte keine recht zu fassen,
denn nichts wollt zur Geschichte passen.
So lebte Jan von Zug zu Zug
und merkte nach zwei Reisejahren,
dass Reisen ohne Reiseziel
und hin und her durch Länder fahren
tatsächlich jetzt sein Leben waren.
Er sah und las und lernte viel
… und lachte leis und summte Lieder
und hatte längst sich selber wieder.
Nun eines Jahres stieg in Bern
Gerlinde zu in Richtung Wien.
Sie mochten sich auf Anhieb gern:
Jetzt will auch Linde nirgends hin.
Vielleicht ja doch, nach einer Weile,
vielleicht allein, vielleicht zu zweit.
Wir schreiben die zweitletzte Zeile
und gönnen ihnen Zweisamkeit.
was gut ist, wenn der gute Mann
gelassen und voll Heiterkeit
damit so halbwegs umgehn kann.
Wenn nicht, wird Dasein schnell zur Qual,
die Einsamkeit wird leicht zu viel.
Dann lauern Schatten überall,
und der Verstand steht auf dem Spiel.
Für Jan jedoch war's kein Problem,
der war sein gänzlich eig'ner Stern.
Er fand die Arbeit angenehm
und las vor allem liebend gern.
Jan lag nicht mit sich selbst im Streite
und mied doch die Gedanken nie.
Er träumte oftmals in die Weite,
voll Mut, Verstand und Fantasie.
Und freitags kam im ersten Licht,
mit Post und strahlendem Gesicht,
die Heike, Haare flammend rot,
in ihrem kleinen Motorboot.
So floss das Leben friedlich hin
und reich für den, der Stille will;
ein jeder Tag sich selbst ein Sinn -
bis zu der Sturmnacht im April:
Drei Schiffe gleich war'n in Gefahr
und eins davon schon fast verloren,
wenn nicht der Jan, der draußen war,
mit Salz und Gischt in seinem Haar
und Sturmwind tosend in den Ohren,
gespenstisch sah's im Mondschein aus,
gerettet hätte Mann und Maus!
Die Ruhe nach dem Sturm war tief,
so tief wie auch der Schlaf von Jan,
der fünfundzwanzig Stunden schlief,
wie's nur ein sehr Erschöpfter kann.
Als Jan am Ende doch erwachte,
begann er gleich, wie wild zu essen.
Er schlang die Speisen, die man brachte,
und trank und reckte sich und lachte:
Die Sturmnacht war bereits vergessen.
Die Welt jedoch sucht Ruhmgeschichten,
T.V. und Presse brauchen Stars.
Sie wollten nicht auf ihn verzichten,
mit Interviews und Bild-Berichten
und Background - eine Plage war's.
Ein Staatsminister kam zuletzt,
behängte ihn mit einem Orden,
hat ihn befördert und versetzt:
Der Jan ist Hafen-Chef geworden!
__________________
Ex-Leuchtturmwärter Jan verbrachte,
indem er steil Karriere machte,
die nächsten Jahre wie im Traum
und merkte die Belastung kaum.
Er hatte vorher nie gedacht,
dass Schifffahrt so viel Schreibkram macht.
Dazu die personellen Fragen -
Was sollt's, er hatte ja das Sagen.
Nicht, dass er viel zum Einsatz kam
als Hafenchef von Rotterdam.
Und nicht einmal, dass Einspruch käme,
wenn er noch etwas Urlaub nähme.
Er lernte, sogar mit Geschick,
interne Ämterpolitik.
Er delegierte und vertagte
und dementierte und verklagte.
Nur ein Mal zuckte er zusammen,
als Briefe von zu Hause kamen,
es würd bald Heikes Hochzeit sein.
Man lud auch Jan zu dieser ein.
Er fuhr nicht hin und dacht: "Na und,
hier ist die Action, hier geht’s rund!"
Mit Blick auf Bar und Swimmingpool
sank er noch tiefer in den Stuhl.
Kein Mangel war an Sex und Geld,
er war jetzt selber Mann von Welt
und konnt sich wirklich nicht beschweren,
Konzerte, Bühnen, Premieren …
Den Lesern ist es angst und bange,
die Schlauen wissen es schon lange:
Der Jan im Karriere-Rausch,
das war ein völlig blöder Tausch.
Sie sind so schlau und sehn doch nicht
den Haken an der Leser-Sicht,
dass nichts noch leichter ist im Leben,
als andern tolle Tipps zu geben.
Bequem im Wasserbett versunken,
zwei Gläser edlen Weins getrunken:
Erklärst du diesen Stil für schlecht,
stehst auf und gehst? Das tust du, echt?
Bewundernd steh ich dir zur Seite
- und bleibe hier. Du suchst das Weite.
Es ist ein wahrhaft großer Held,
der da nicht gern zum Opfer fällt.
Auch Jan blieb, trank, hat viel geraucht
und lange, lange Zeit gebraucht.
Die Umkehr kam mit einem Schlag
an einem hellen Donnerstag.
Da war es plötzlich an der Zeit:
Er sah sich selbst. Es war so weit.
Zehn Jahre war'n im Flug vergangen,
ganz ohne Änderungsverlangen,
dann fiel's ihm auf und war die Wende:
Er kriegte nie ein Buch zu Ende!
Die Zeit hätt er leicht haben können,
Lektüre sich en masse zu gönnen,
doch, wie er es nun deutlich sah:
Die Lese-Ruhe war nicht da.
In allem Luxus und Getue:
verschollen war die inn're Ruhe.
Er hatte sie perfekt gekonnt,
jetzt schwand sie hinterm Horizont.
Da fasste ihn ein großer Schreck.
Er packte ein, er war schon weg
und reiste los, im Zug und schlicht,
wohin, das wusste er noch nicht.
__________________
Man kann im Leben nicht zurück,
beziehungsweise, wenn man's tut,
dann wird das Resultat nicht gut.
Das wusste Jan zu seinem Glück
und suchte, lange noch vergebens,
wobei er wilde Haken schlug,
die Fortsetzung des eig'nen Lebens,
doch kriegte keine recht zu fassen,
denn nichts wollt zur Geschichte passen.
So lebte Jan von Zug zu Zug
und merkte nach zwei Reisejahren,
dass Reisen ohne Reiseziel
und hin und her durch Länder fahren
tatsächlich jetzt sein Leben waren.
Er sah und las und lernte viel
… und lachte leis und summte Lieder
und hatte längst sich selber wieder.
Nun eines Jahres stieg in Bern
Gerlinde zu in Richtung Wien.
Sie mochten sich auf Anhieb gern:
Jetzt will auch Linde nirgends hin.
Vielleicht ja doch, nach einer Weile,
vielleicht allein, vielleicht zu zweit.
Wir schreiben die zweitletzte Zeile
und gönnen ihnen Zweisamkeit.