Die Drachenjäger

(Burgdorf, die Zähringerstadt im Emmental, soll laut Sage im Frühmittelalter von den Brüdern Sintram und Bertram gegründet worden sein. Zuerst mussten die beiden Grafen einen Drachen bezwingen, der das Land unsicher machte. Überliefert ist die Sage in Prosa. Die schon fast gedichthafte Knappheit dieses Berichts regte mich dazu an, die Sage vom Drachenkampf in Versen nachzuerzählen.)

Kommt her, hört hin, ihr lieben Leut,
ich will vom Drachen berichten heut.
Hat scharfe Zähne, ein schreckliches Maul,
verschluckt aufs Mal einen ganzen Gaul.

Es stöhnt der Mensch, es ächzt das Land,
das Untier speit Flammen, setzt Wälder in Brand,
reisst Rehe, schlingt Schafe in grosser Zahl,
es ist eine Plage, es ist eine Qual.

Und wenn den Lindwurm Hunger plagt
weil Wald und Feld er hat leer gejagt,
dann schleicht er zum Bauern in tiefer Nacht
und holt seine Tochter, bevor wer erwacht.

Zwei Adlige bauten sich ein Schloss
und sattelten dann das schnelle Ross.
Den Drachen bezwingen, das ist ihr Ziel,
den Unhold vernichten mit Stumpf und Stiel.

Graf Sintram nennt sich der eine Held,
Graf Bertram zieht mit ihm ins Feld.
Die Brüder spüren den Drachen auf,
das Untier empfängt sie mit feurigem Schnauf.

Die beiden Helden blasen zum Sturm,
ziehn ihre Schwerter, bedrängen den Wurm.
Doch dieser weicht keinen Fuss zurück,
verschlingt Graf Bertram in einem Stück.

Hoho, wie da Sintram in Zorn gerät
und wild mit der Klinge säbelt und mäht!
Schon bald liegt der Drache zerspalten im Blut,
bezwungen durch Sintrams gewaltige Wut.

Wer kriecht da hervor aus dem Drachenhaupt?
‘s ist Bertram, von uns schon verloren geglaubt!
Wenngleich verschluckt, blieb er unversehrt,
und frisch zurück er ins Leben nun kehrt.

Der Jubel der beiden Brüder ist laut,
sie danken der Heil’gen, auf die sie vertraut
und geloben, zum Denkmal an diesen Krieg
einen Schrein zu stiften für ihren Sieg.

Das Kapellchen bauen die Grafen im Schloss,
bemalen die Wände mit Mann und Ross
und auch mit dem Drachen im Todeskampf,
umwabert von giftigem Schwefeldampf.

Die Stätte ist Margarethen geweiht,
der Heil’gen, die böse Drachen vertreibt.
Hier kehren die Brüder des Öfteren ein
zur Andacht bei Psalmen und Kerzenschein.

Verschwunden ist heute der heilige Ort,
verschüttet ist auch des Drachen Hort.
Geblieben ist nur ein raunender Hauch,
zwei Sagengestalten – ein flüchtiger Rauch.
 
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