Berauschende Klänge

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Cornelius

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Ein Mensch hört gern Musik allein,
doch stets muss diese klassisch sein,
zumindest hundert Jahre alt,
sonst lässt ihn das Gedudel kalt.

Im Äther schallt, nur leicht verzerrt,
ein feuriges Klavierkonzert,
das zweite von Rachmaninoff -
das ist zum Träumen guter Stoff.

Es tönt das Spiel des Virtuosen
wie Sphärenklang im Brandungstosen.
(Die Partitur bereichert sehr
die Illusion von Wind und Meer.)

Am Ende rauscht der Schlussapplaus,
erfüllt des Lauschers stilles Haus.
Das war Genuss von A bis Z.
Nun legt er sich berauscht ins Bett.

Ihm träumt, es stehe ein Klavier
in Wladiwostok nachts am Pier.
Am Flügel sitzt Rachmaninoff
im Frack aus schwarzem Seidenstoff.

So kommts, dass manch ein Komponist
der Schneider unsrer Träume ist.
Doch niemand schneidert solchen Stoff
zum Träumen wie Rachmaninoff.
 
Zuletzt bearbeitet:

fee_reloaded

Mitglied
Das ist wieder so gut wie witzig geschrieben, Cornelius.

Ich hatte eigentlich auf eine Strophe gehofft, in der der Rachmaninoff-Traum noch irgendwie surreal abdriftet...das fehlt mir hier ein wenig für den Lacher, auf den ich eigentlich - dank deines gekonnten Spannungsaufbaus - schon geistig vorbereitet war.

Aber gerne gelesen!
LG,
fee
 

Stavanger

Mitglied
Hei Cornelius,
Für mich wäre ein halbes Wort zugunsten von Musik, die weniger als 100 Jahre alt ist, willkommen gewesen.
"Which side are you on?" Zum Schluss dann doch auf der Seite des +100 Liebhabers.
Ansonsten sollte ich mir wahrscheinlich mal was von Rachmaninoff anhören - falls Folk-Musiker ohne Notenkenntnis das überhaupt dürfen?
Jedenfalls gern gelesen:
Uwe
 

mondnein

Mitglied
niemand schneidert solchen Stoff
zum Träumen wie Rachmaninoff
große Klavierrauschfeste gibts wie Sand am Meer, und manche übertreffen den überströmenden Rachmaninoff mit Leichtigkeit. Zum Beistift Beethoven, Brahms, Liszt, Grieg und viele mehr.
An Bombast und Hypertrophie kann ihn vielleicht Busoni noch übertreffen. Aber da höre ich lieber Schubert, Schumann und Chopin, die sind bescheidener und eleganter in ihren Nurfürklavierstücken.

Zurück zum Vollrausch: Da wären noch einige moderne bzw. weniger als hundert Jahre alte Konzerte, etwa von Prokoffieff, dem Meisterpianisten Bartok, und etwas jünger: die Kostbarkeiten von Messiaen. Sind schon mal drei.

grusz, hansz

zumindest hundert Jahre alt,
sonst lässt ihn das Gedudel kalt.
ach quatsch
 

Stavanger

Mitglied
Hei noch mal, Cornelius,
Ein untypischer Flüchtigkeitsfehler:
"So kommts, dass ..." mit 2 s.
Gruß: Uwe
(Ich schreibe auch: "kommt's" ...)
 

Cornelius

Mitglied
Guten Abend in die Runde,

und Danke für eure Kommentare und die Sternchen.

Der Mensch, der in diesem Gedicht Musik hört, bin nicht ich selbst. Was die Einschätzung von Rachmaninoffs (oder Rachmaninows) Bedeutung als Komponist angeht, bin ich eher auf deiner Seite, lieber Hansz. Unter uns: Mir gefallen "Nurklavierstücke" besser als die meisten Konzerte für Klavier mit Orchester. Gerne dürfen es auch Orchesterstücke ohne Klavier sein. Ohne hier eine musikästhetische Diskussion vom Zaun brechen zu wollen: Ich finde, Klavier und Orchester passen einfach nicht zueinander. Die schönste Musik für Klavier solo hat nach meinem Empfinden Chopin geschrieben, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Liebe Fee: Ursprünglich hatte ich wirklich vor, den Traum des Musikhörers noch etwas detaillierter auszumalen, habe aber davon Abstand genommen. Auf deinen Kommentar hin werde ich doch noch einmal darüber schlafen (und zum Einschlummern vielleicht doch etwas von Rachmaninoff hören?). Ein Vierzeiler, in dem sicher auch noch Platz wäre für ein "halbes Wort" zu neuerer Musik, könnte in diesem Fall wirklich ein Gewinn sein.

Danke an euch alle für eure Anregungen!

Gruß
Cornelius
 



 
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