Überfüttert

Stavanger

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Da war ich neulich "Mensch des Jahres"
auf Antrag eines Taubenpaares.

Ich hab ja kaum was machen müssen,
mir diese Ehre zu verdienen:
das Reichen nur von Erdennüssen,
Naturreis, Körnern und Rosinen.

Auch diesen Winter ging das so,
und alle wirkten satt und froh.

Doch schien mir bloß, dass es so sei,
denn plötzlich klang nach Spott und Hohn,
Beleidigung und Meuterei
die Vogelschar auf dem Balkon.

Beim Füttern, ich vergess das nie:
Gezeter bis zur Hysterie.

Ich trau mich kaum, was auszulegen.
Sobald ich mein Gesicht nur zeige,
kommt Kleinkram mir mit Kraft entgegen,
wie Drosselbeeren, Dreck und Zweige.

Ja, muss ich mir das bieten lassen,
dass Vögel mich für Güte hassen?

Ich füttere sie ohne Klagen,
verlang von Ihnen nicht einmal,
dass sie das kleinste Danke sagen,
doch denen ist das ganz egal.

Mir reißen Nerven und Geduld:
Na wartet, ihr seid's selber schuld!

Da schrillt um mich ein Tirilieren,
ein Zwitschern und Geräuschemachen,
ein Piepsen und ein Musizieren:
So können nur die Vögel lachen.

Ich fass es nicht - und alles lacht:
Die haben bloß was Spaß gemacht!

Ich lauf rot an und ... lache auch,
dann knöpf ich mir die Spinner vor,
denn kaum was schlägt so auf den Bauch,
wie Vogel-Ulk und ihr Humor.

"Noch mal so'n Quatsch", hör ich mich fluchen,
"und ihr könnt euch wen anders suchen!"

Aber echt.


(Frühwerk aus den 80er Jahren)
 



 
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